Der Gesetzgeber senkte zum 1. Oktober 2021 die Gebühren im Inkasso ab. Dazu schuf er mit der Inkassorechtsreform ein neues Gesetz. Zweck der Reform ist die Verhinderung von Schuldenexplosionen durch nebulöse Inkassopraktiken. Das neue Gesetz dient somit dem Verbraucherschutz.
Verbraucher sollen besser erkennen können welche Folgen es hat, wenn sie nicht rechtzeitig zahlen.
Rechtsanwältin Julia Ziegeler
Schlechter Ruf des Inkasso
In Teilen hat das Inkassowesen einen schlechten Ruf. Der Gesetzgeber reformierte die Regelungen zum Inkassowesen darum, mit der Absicht das Inkassowesen seriöser zu machen.
Am 1. Oktober 2021 ist das neue Gesetz bereits in Kraft getreten.
Verbraucherschutz im Inkasso
Mit dem Senken der Inkassokosten und einer Steigerung der Transparenz für die Verbraucher will der Gesetzgeber die Verbrauer nämlich mehr schützen. Im Focus der Inkassorechtsreform steht das Absenken der Inkassogebühren.
Bei kleineren Forderungen sollen niedrigere Gebühren anfallen aber auch bei solchen Forderungen, die der Schuldner auf erstes Anfordern begleicht.
Durch das erste Aufforderungsschreiben an den Schuldner wird die Geschäftsgebühr (RVG, Nr. 2300) ausgelöst.
Mit den neuen Regelungen will der Gesetzgeber die Verbraucher vor unverhältnismäßig hohen Inkassokosten schützen. Inkasso soll wirtschaftlich befriedigend sein und gleichzeitig die Schuldner entlasten. Aber auch die Inkassodienstleister und Rechtsanwälte betrifft die Senkung der Gebühren.
Wichtige verbraucherrelevante Teile des Gesetzes sind bereits zum 1. Oktober 2021 in Kraft getreten.
Gebührenrahmen für Wertstufe 1
Der Gesetzgeber gibt seit Oktober einen neuen Gebührenrahmen vor. Der Rahmen liegt nun bei einem Gebührensatz zwischen 0,5 und 2,5. Ab einem Gebührensatz von 1,3 muss jedoch eine umfangreiche oder schwierige Tätigkeit vorliegen.
Bisher war es üblich Gebühren in der Handelsspanne von 1,0 bis 1,3 zu fordern. Bei Forderungen bis 500 Euro (Wertstufe 1) ergabt dies Beträge von 45 bzw. 58,50 Euro. Geschäftsgebühr bei Forderungen bis zu 500 Euro lagen also in der Vergangenheit bei etwa ca. 50 Euro. Rechnete man Auslagenpauschale sowie Mehrwertsteuer dazu, konnten die Inkassokosten dann allerdings doppelt so hoch werden, wie die eigentliche Forderung.
Schwellengebühr geschaffen
Der Gesetzgeber hat eine neue Schwellengebühr bei feststehenden Forderungen geschaffen. Mit der Reform gibt es eine neue Schwellengebühr von 0,9 bei nicht bestrittenen Forderungen. Höhere Forderungen sind dabei nur zulässig, wenn es sich um besonders umfangreiche oder schwierige Sachen handelt.
Die Gebühr reduziert sich sogar auf 0,5, wenn der Schuldner bei der ersten Aufforderung zahlt. Die maximale Gebühr liegt bei 1,3.
In der Wertstufe 1 – also bei Forderungen bis 500 EUR – kommt es zu einer Regelgebühr von 22,50 Euro, in der 2. Wertstufe bis 1.000 Euro ergibt dies 40 Euro.
Begrenzung der Gebühren im Inkasso
Neu ist ebenso, dass unbestrittene Forderungen bis 50 Euro eine Gebührendeckelung von 30 Euro erhalten. Denn je kleiner die Forderung, desto höher waren früher im Verhältnis die Gebühren. Der Gesetzgeber sorgt jetzt für mehr Gerechtigkeit indem er eine neue Wertstufe einführte. Die Wertstufe gilt für unbestrittene Beträge bis 50 Euro. Für diese Zwischenwertstufe kann nur eine Gebühr von maximal 30 Euro anfallen. Bisher lag diese bei 45 Euro (§ 13 Abs. 2 RVG).
Mit der Inkassorechtsreform senkte der Gesetzgeber zum 1. Oktober 2021 die Inkassogebühren ab.
Gebühren für bestrittene Forderungen unverändert
Im Gegensatz zu den unbestrittenen Forderungen gibt es die bestrittenen Forderungen. Bei den bestrittenen Forderungen bleiben die Gebühren gleich. Für bestrittenen Forderungen oder Forderungen bei denen der Schuldner nach dem ersten Brief des Anwalts oder des Inkassounternehmers bestreitet Schulden zu haben, ändert sich in der Gebührenlage nichts.
Abhängig vom Umfang und den Anstrengungen im Zusammenhang mit dem Fall, können Gebühren bis zu 2,5 erhoben werden.
Einigungsgebühr im Inkasso
Zur Berechnung einer Einigungsgebühr wurde bisher ein Gegenstandswert mit 20 % der Forderung angesetzt, darauf wurde eine Gebühr von 1,5 berechnet. In der Wertstufe 1 (bis 500 Euro) fielen in der Vergangenheit 67,50 Euro und in der Wertstufe 2 (501 bis 1.000 Euro) 120 Euro an.
Der Schuldner und das beauftrage Inkassounternehmen oder die Anwälte können beispielsweise eine Ratenzahlung oder Stundung vereinbaren. Für diese Zahlungsvereinbarungen wird eine Einigungsgebühr erhoben (RVG, Nr. 1000).
Obwohl der Gesetzgeber nun eine prozentual höhere Forderung als Gegenstandswert zugrunde legt, hat er die Gebühr bei 0,7 begrenzt (§ 31b RVG). Die höhere Forderung als Gegenstandswert liegt jetzt bei 50 % statt bisher 20 %.
Diese neue Regelung bewirkt unterm Strich eine Herabsetzung der Gebühren.
Die Einigungsgebühr liegt nun also bei 0,7 bei Ansatz von 50 % als Gegenstandswert.
Gebühren von 67,50 Euro reduzieren sich auf 31,50 Euro und 120 Euro auf 56 Euro.
Kein Gebührenunterschied zwischen Rechtsanwälten und Inkassounternehmen mehr
Die Ungleichbehandlung von Inkassodienstleistern gegenüber Rechtsanwälten bei der Geltendmachung von Kosten im gerichtlichen Mahnverfahren schaffte der Gesetzgeber ebenfalls ab.
Ob ein Rechtsanwalt oder Inkassounternehmen Inkasso macht, wirkte sich in der Vergangenheit nämlich auf die Gebühren aus.
Für das gerichtlichen Mahnverfahren konnten Inkassodienstleister in der Vergangenheit bis zu 25 EUR erstattet bekommen (§ 4 Abs. 4 S. 2 RDGEG). Bei Rechtsanwälten war das anders. Egal ob ein Rechtsanwalt oder Inkassounternehmen beauftragt wird, die Gebühren sind in Zukunft gleich.
Bei außergerichtlichen Fällen und im Zwangsvollstreckungsverfahren sind die Gebühren bereits angeglichen.
Doppelauftrag bei Inkasso
Wenn der Gläubiger bisher ein Inkassounternehmen und einen Rechtsanwalt gleichzeitig beauftragte, konnten beide die Kosten in Rechnung stellen. Auch das hat sich geändert. Der Schuldner trägt in Zukunft nur einmal die Kosten bei Doppelauftrag an Inkassodienstleister und Anwalt.
Der Schuldner soll mit der Reform vor einer doppelten Abrechnung bewahrt werden.
Rechtsanwalt Dipl.-Ing. Michael Horak, LL.M.
Die Höhe der zu fordernden Kosten ist jetzt begrenzt auf die Höhe der Kosten, die anfallen wenn nur ein Anwalt tätig geworden wäre (§ 13f S. 1, 2 RDG).
Sämtliche außergerichtlichen und gerichtlichen Kosten können nur in der Höhe gefordert werden, die der Höhe entsprechen als wenn nur der Anwalt tätig geworden wäre (§ 13f S. 1, 2 RDG).
Aber es gibt eine Ausnahme: Wenn der Schuldner die Forderung erst nach Beauftragung des Inkassodienstleisters bestreitet, dann gibt er Anlass einen Anwalt zu beauftragen (§ 13f S. 3 RDG).
Verwechslung bei Identitätsdiebstählen vermeiden
Es besteht ein Risiko der Verwechslung, wenn der Anwalt oder das Inkassounternehmen die aktuelle Adresse des Schuldners vorab ermitteln muss.
Um dieses Risiko zu minimieren, soll eine Aufklärung im ersten Aufforderungsschreiben erfolgen.
- Der Empfänger soll darüber aufgeklärt werden, dass seine Adresse vorher ermittelt worden ist.
- Der Empfänger soll darüber aufgeklärt werden welche Möglichkeiten er hat, wenn eine Verwechslung vorliegt (§ 13a Abs. 1 Nr. 7 RDG, § 43d Abs. 1 Nr. 7 BRAO).
Die potentiellen Opfer von Identitätsdiebstählen sollen somit ausreichend Informationen erhalten.
Gebühren bei Zahlungsvereinbarungen hinweisen
Um eine Zahlungsvereinbarung abschließen zu können, ist es jetzt erforderlich auf die Kosten hinzuweisen. Besonders auf die Einigungsgebühr, die zusätzlich entstehen kann, muss ein Hinweis erfolgen (§ 13a Abs. 3 RDG, § 43d Abs. 3 BRAO).
Wird die Zahlungsvereinbarung mit einem Schuldanerkenntnis verknüpft, enthält das Schreiben nicht nur die Hauptforderung, sondern auch alle Nebenforderungen und Zinsen.
Der Gesetzgeber schreibt mit der Reform vor, dass die Schuldner schriftlich über folgende Punkte aufgeklärt werden müssen:
- welche Teile der Forderung werden vom Schuldanerkenntnis erfasst und
- welche typischen Einreden/Einwendungen können nicht mehr geltend gemacht werden wie beispielsweise Erfüllung, Nichtbestehen oder Verjährung (§ 13a Abs. 4 RDG, § 43d Abs.4 BRAO).
Der Gesetzgeber schreibt somit eine Hinweispflichten auf Gebühren bei Zahlungsvereinbarungen vor.
Prüfung von Inkassodienstleistern verstärkt
Inkassodienstleister sind verpflichtet sich registrieren zu lassen nach ihrer Eignungs- und Zuverlässigkeitsprüfung (§ 10 RDG). Mit dem neuen Gesetz gibt es Vorgaben, wann ein Zulassung scheitert (§ 12 RDG).
Die Rechte der Aufsichtsbehörden über Inkassodienstleister erweiterte und stärkte der Gesetzgeber zudem (§ 13e RDG).
Inkassodienstleister werden somit stärker geprüft.